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Selbstreferentialität in Mediation und Coaching

Dienstag Abend dieser Woche habe ich am digitalen Salon „ONLINE-MEDIATION mit Anne Rickert und Felix Wendenburg“ teilgenommen, der vom Alumniverein des Masterstudienganges Mediation an der Europa-Universität Viadrina veranstaltet wurde. Danke an den Verein und die Referenten für dieses tolle Format.

Zwei sehr gute Vorträge in denen auch ich als alter Hase im Online Mediations- und Online Coachingkontext noch vieles neues erfahren konnte.

Vor allem konnte ich eine Funktion in Zoom kennenlernen, die ich bisher nicht kannte (und die es vielleicht in anderen Plattformen auch noch zu entdecken gibt). Ich kann das Fenster mit meinem eigenen Videobild ausschalten (und natürlich auch wieder einschalten).

Warum kann das so wichtig sein und was hat das mit Selbstreferentialität zu tun?

„Die Selbstreferenzialität (von lateinisch referre „sich auf etwas beziehen“), auch Autoreferenzialität, Selbstreferenzialität, Selbstreferenz und Selbstbezüglichkeit, ist ein Begriff, der beschreibt, wie ein Symbol, eine Idee oder Aussage (oder ein Modell, Bild oder eine Geschichte) auf sich selbst Bezug nimmt.“ Quelle Wikipedia)

Der Begriff ist seit Niklas Luhmann aus der Systemtheorie nicht mehr wegzudenken. Und jedes Mediationssetup oder Coachingsetup stellt ein System dar.

Wenn ich in einem Online Setup im Gegensatz zu einem Präsenzformat Signale aus dem System aufnehme und verarbeite, gehören dazu nicht nur die Signale, die die Gesprächspartner senden sondern auch das was ich von mir wahrnehme und sehe!

Dieses gilt dabei sowohl für die Prozessbegleiter (MediatorInnen oder Coaches) als auch für die Teilnehmer (Medianden oder Coachees). Und es kann einen Unterschied machen, ob ich meine eigenen Emotionen spüre oder auch sehe, wie sie sich anderen gegenüber darstellen.

Auf den Gedanken, dass es einen oft unterschätzten wesentlichen Unterschied von Online zu Präsenzformaten genau in der Selbstreferentialität gibt, bin ich erstmals gekommen, als ich im Mai das sehr empfehlenswerte Buch TIME TO THINK von Nancy Kline gelesen habe. (Danke an Gregory Arena für diesen tollen Tipp). In ihrem Buch beschreibt Nancy Kline“ Zehn einfache Regeln für eigenständiges Denken und gelungene Kommunikation“. Diese sollten zum Handwerkszeug aller Mediatoren und Mediatorinnen und Coaches gehören. Eine davon handelt von Zuhören (Ich habe auf die Wichtigkeit des Zuhörens schon an anderer Stelle hingewiesen)

Ich möchte aus einem Abschnitt des Buches nachfolgend zitieren (Kline, N. 2020 S. 56):

„Einer der Überraschungsfaktoren auf der Ebene des Zuhörens ist Ihr Gesicht. Die Schwierigkeit mit unserem Gesicht besteht darin, dass wir hinter ihm leben. Wir können es nicht sehen, wenn es in Aktion ist. Und so wissen wir die Hälfte der Zeit über nicht wirklich, was es macht…“

Im Zeitalter der Online Formate stimmt das nicht mehr. Um so schöner, dass ich jetzt bewusst entscheiden kann, ob ich es wissen will oder nicht. Ich kann mein eigenes Bild für mich selbst in der Konferenz ausschalten (zumindest bei Zoom).

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Multi Door Courthouse – Streitende zum Streit-Ende führen

Was tue ich eigentlich bei einem Streit, bei einem Konflikt, sei es nun mit meinem Nachbarn, meiner Versicherung, meinem Arbeitgeber, einem Auftragnehmer, in der Familie oder wo auch immer.

Zuerst versucht man es noch selbst aber irgendwann reicht auch das nicht mehr. Und je nach dem auf welcher Eskalationsstufe des Konflikts (ein Konzept von Friedrich Glasl, ausführlich beschrieben in seinem Buch Konfliktmanagement) man ist, geht es dann schnell zum Anwalt und in der nächsten Stufe dann zum Gericht.

Doch es gibt auch andere Wege. Schon in den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts wurde vom Harvard Professor Frank Sander das Konzept des Multi-Door Courthouse  entwickelt.

Kurz gesagt: Es gibt verschieden Wege einen Konflikt zu lösen, vor allem alternative Wege zum klassischen Rechtsstreit, der vor Gericht endet. Zu nennen sind u.a. Konfliktcoaching, Mediation, Schlichtung, Schiedsverfahren etc.

Und welches das richtige Verfahren ist, soll über den Weg durch die richtige Tür zur Konfliktbearbeitung führen. Was fehlt ist ein Streitnavigator.

In einer Online Erfahrungsaustausch des Bundesministeriums für Justiz mit dem Titel „Mediation in Zeiten von COVID-19“ am 15.12.2020 schlug Viktor Müller, der Vorsitzende der Deutschen Stiftung Mediation vor, eine Imagekampagne für die Mediation zu starten. Mein Hinweis, dieses nicht nur für die Mediation, sondern für alle alternativen Verfahren zu machen und dann eine Konflikthotline zu etablieren, an die sich Streitende wenden können, fand allgemeine Zustimmung des Panels. Aber wie immer benötigt es da auch jemand, der die Initiative ergreift.

Am Ende war Viktor Müller es dann, der das Thema weiterverfolgt hat, aber entsprechend dem Stiftungsauftrag auf die Mediation beschränkt. Schade zwar aber zumindest ein erster Schritt.

Diese Woche ist das Portal streit-ende.de live gegangen. Das von mir gegründete und geführte Unternehmen Mediation GmbH, Betreiber des größten deutschen Mediatorenverzeichnisses mediator-finden.de sponsort die Seite und die jetzt startende Imagekampagne.

Meine für den Multi Door Courthouse Ansatz vorgesehene Domain streitnavigator.de werde ich dann bis auf weiteres direkt auf die Seite streit-ende.de verlinken.

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