„Dass der ´ganze Mensch´ im Arbeitsvertrag nicht vorkommt, hat gute Gründe: Er geht die Organisation nichts an“*
So endet das erste Kapitel im Buch „Die Humanisierung der Organisation – Wie man dem Menschen gerecht wird, indem man den Großteil seines Wesens ignoriert“ von Kai Matthiesen, Judith Muster und Peter Laudenbach“.
Ein sehr guter Blickwinkel. Arbeit in einem und für ein Unternehmen ist in erster Linie erst einmal ein Austauschverhältnis. Leistung des Mitarbeiters (Arbeit, Loyalität, etc.) gegen Gegenleistung (in der Regel Geld, aber auch Anerkennung etc.).
Was die Mitarbeiter:innen in der Freizeit tun, welche privaten Freunde sie haben, wofür sie ihr Geld privat ausgeben, hat im Arbeitsverhältnis keine Bedeutung.
Ich erinnere mich an einen Management-Kollegen, der mehrfach sagte: Der Mitarbeiter braucht doch das Geld gar nicht, der hat zwei Porsche, warum will der schon wieder eine Gehaltserhöhung? Dabei kann es sehr gute Gründe für die Gehaltserhöhung geben, wenn der Mitarbeiter für vergleichbare Leistung und Verantwortung weit weniger Geld als vergleichbare Kolleg:innen verdient. Und ob der Mensch priavt zwei Porsche fährt, ob sie ihm überhaupt gehören etc. geht die Organisation nichts an. Einzig, wenn das Vorfahren mit einem entsprechenden Auto auf dem Kundenparkplatz unangemessen für den Auftritt und das Image der Organisation sind, kann man so etwas regeln, darf dann aber nicht erwarten, dass Mitarbeiter für Kundenbesuche ihre Privatfahrzeuge nutzen.
Was Mitarbeiter:innen tun (sollen) ist: eine Rolle zu spielen, eine Funktion auszufüllen, den Anforderungen der Stellenbeschreibung zu genügen. Dafür gibt es Gegenleistung.
Wenn die Organisation es nicht schafft mit ihren Strukturen und Prozessen und den dazu passenden Stellenbeschreibungen die Ergebnisse zu erzielen, ist das (sofern die Mitglieder der Organisation ihre Aufgaben laut Stellenbeschreibung im Sinne von Leistung für Gegenleistung erfüllen) ein Organisationsmangel und damit der Führung der Organisation und nicht den Mitgliedern zuzuschreiben.
Noch einen weiteren Aspekt aus den ersten Seiten des Buches, den ich sehr bemerkenswert finde, möchte ich hier vorstellen.
Man sollte Organisationen nicht um Menschen herum bauen:
„Zwischen Mensch und Mitglied [einer Organisation] fein säuberlich zu unterscheiden, ist schon aus Gründen der Hygiene und menschlichen Selbstachtung geboten: Menschen sind einzigartig (sogar solche, die man nicht mag). Organisationsmitglieder müssen austauschbar sein (auch solche, die man schon lange kennt und schätzt [und auf die man glaubt, nicht verzichten zu können]. Es ist für die Organisation notwendig, sich bei Bedarf oder Fehlverhalten ohne größere Komplikationen von Mitgliedern trennen zu können.“** – Und natürlich auch andersherum: starke Abhängigkeiten von Schlüsselpersonen sind ein Zeugnis schlechter Führung und Voraussicht.
Soweit erst mal zu meinen ersten persönlich bereits auch erlebten Impulsen aus dem Buch „Die Humanisierung der Organisation …“ Weitere Insights folgen.
*Matthiesen, K., Muster, J., Laudenbach, P., 2022, S. 14
**Matthiesen, K., Muster, J., Laudenbach, P., 2022, S. 28